Jetzt MitTUN: Schluss mit dem Klamotten-Kaufrausch!

Was ist eigentlich „Fast Fashion“?

„Fast Fashion“ bedeutet, dass in der Mode-Industrie alles darauf ausgelegt ist, möglichst viele neue Kollektionen in möglichst schneller Abfolge zu produzieren und an den Mann und die Frau zu bringen. Alles, was nicht verkauft wird, landet auf dem Müll, da es billiger ist, Tonnen von Klamotten wegzuwerfen, als bedarfsorientiert zu arbeiten. Natürlich landet der Müll nicht bei uns, sondern in Ländern, die wir dafür bezahlen, dass sie uns den Müll abnehmen. Die Bilder der Klamottenberge in der Atacama-Wüste in Chile gingen in den vergangenen Monaten um die Welt und haben mich zu diesem Artikel veranlasst. (Ganz unten findet ihr Links zu nachhaltiger Kleidung aus und in der Region!)

In Zahlen: Rund 200 Milliarden Kleidungsstücke wurden 2020 weltweit hergestellt. Das ist in etwa doppelt so viel wie im Jahr 2014. Verkauft wurden 160 Milliarden. Wir Deutschen kaufen im Schnitt 12 bis 15 Kilogramm Bekleidung im Jahr. Zum Vergleich: Der weltweite Durchschnitt liegt bei 8 Kilogramm. Ein Fünftel davon tragen wir gar nicht und 80 Prozent unserer Kleidung landen nicht in der Altkleidersammlung, sondern im Restmüll. In Chile, genauer in der Freihandelszone des Hafens von Iquique, kommen im Jahr rund 59.000 Tonnen unverkaufter und gebrauchter Kleidung an. (Quellen: Tagesschau – Müllhalde für Fast Fashion, Greenpeace – Ein Mode-Märchen über Fast Fashion, Umweltbundesamt – Der Peis der Schönheit, Exit Fast Fashion – Fast Fashion lässt Müllberge wachsen)

Eigentlich klingt das absurd, nicht wahr? Und doch sind wir Teil davon. Wie oft tragen wir ein T-Shirt? Wie viele Hosen haben wir im Schrank? Wie viele Paar Schuhe? Und wie oft darf es etwas Neues sein, obwohl wir schon X Teile unser Eigen nennen?

Welche Auswirkungen hat „Fast Fashion“ auf Mensch und Umwelt?

Wir alle sind verantwortlich für „Fast Fashion“. Weil wir immer etwas Neues brauchen, um uns wertvoll zu fühlen. Uns die Außendarstellung wichtiger ist als das, was dahinter steht. Nehmen wir zum Beispiel eine Jeans, da ich unlängst die sehenswerte Dokumentation „Giftige Jeans“ auf ARTE gesehen habe.

Eine Jeans wird in Europa entworfen, die Fasern stammen in der Regel aber aus China, Indien, Usbekistan oder den USA. Für den Anbau von Baumwolle werden große Landflächen gebraucht, Pestizide und chemische Dünger kommen zum Einsatz und es werden Unmengen an Wasser verbraucht. (Eine einzelne Jeans verbraucht von der Produktion bis in den Laden bis zu 11.000 Liter Wasser!) (Quelle: Exit Fast Fashion – Fakten)

Praktischerweise geschieht das meiste davon nicht vor unserer Haustür. Zum Glück sehen wir die Plantagen nicht, auf denen die Baumwolle in Monokultur angebaut wird und für die ganze Wälder gerodet werden. Wir sehen nicht, wie Pestizide und chemische Düngemittel den Boden und das Wasser verseuchen und nicht nur die Artenvielfalt gefährden, sondern auch die Gesundheit der Menschen, die dort leben. Wir leiden nicht unter Trinkwasserknappheit, weil ganze Flüsse umgeleitet werden, um riesige Baumwollplantagen zu bewässern. Beispiel Usbekistan: Für den Baumwollanbau wurden ab Anfang der 1960er Jahre die beiden Zuflüsse zum Aralsee fast leer gepumpt. Der Wassergehalt des verbleibenden Sees schrumpfte in den vergangenen 50 Jahren um 90 Prozent, wodurch sich der Salzgehalt im verbliebenen Wasser vervierfachte. Zugleich führte der Einsatz von Pestiziden zu einer so starken Verschmutzung des Grundwassers, dass die Kindersterblichkeit in der Region auf das Vierfache anstieg (Quelle). Die Klimaveränderungen durch den austrocknenden Aralsee waren in Usbekistan bereits vor über dreißig Jahren deutlich spürbar.

Damit habe ich nichts zu tun? Leider doch!

Die Stoffe für unsere Jeans stellen Menschen her, die damit oft kaum genug Geld zum Überleben verdienen. Die unter Zwangsarbeit und Gewalt leiden und an den giftigen Chemikalien erkranken, die bei der Produktion immer noch zu oft zum Einsatz kommen. Unsere Jeans nähen Näher*innen in Indien, Bangladesch, Indonesien oder der Türkei, teils Kinder (!), unter menschenunwürdigen und krank machenden Bedingungen, und das alles nur, damit wir mal eben beim Shopping-Samstag bei H&M eine Hose für 20 € mitnehmen können. Oder doch lieber eine Levi‘s 501 für 60 bis 120 €? Das System dahinter ist das Gleiche. Die Anbau- und Arbeitsbedingungen auch. (Quellen: Arte – Giftige Jeans, Exit Fast Fashion: Die Stationen – die Länder – die Folgen, Exit Fast Fashion – den Preis zahlen die Näherinnen, Greenpeace – Wie umweltfreundlich ist die Textilindustrie?)

Das Problem mit der Kunstfaser

Sind Kunstfasern in unseren Kleidungsstücken enthalten, bedarf es Erdöl oder Erdgas zu deren Herstellung. Hatten im Jahr 1975 die Naturfasern den Hauptanteil (70 Prozent) an der Bekleidungsproduktion, so hat sich das Verhältnis in den vergangenen Jahren fast umgekehrt: 68 Prozent synthetische Fasern wurden im Jahr 2019 verwendet. Aktuell werden jährlich fast 100 Millionen Barrel Erdöl für die Produktion von Polyester gebraucht. Allein bei der Förderung entstehen unzählige giftige Stoffe und die Umwelt wird nachhaltig zerstört, ganz zu schweigen von den kriegerischen Auseinandersetzungen um die fossilen Vorkommen. Auch bei der Herstellung, Veredelung und Weiterverarbeitung synthetischer Fasern kommen problematische Chemikalien zum Einsatz, die Mensch und Umwelt gefährden. Zudem gelangen bei jedem Waschgang Mikrofasern aus Plastik in den Wasserkreislauf. 35 Prozent des Mikroplastiks in den Weltmeeren stammt von synthetischen Textilfasern. Einmal im Müll, verrotten diese schlecht bis gar nicht und geben auch hier noch giftige Substanzen an die Umwelt ab. Und das Ganze tragen wir vorher auf unserer Haut. (Quellen: Exit Fast Fashion – Fast Fashion ist vor allem Erdöl und Plastik, Exit Fast Fashion: Die Stationen – die Länder – die Folgen, Exit Fast Fashion – Immer mehr Mikroplastik im Meer, Umweltbundesamt – Plastikatlas, Tagesschau – Müllhalde für Fast Fashion)

Bei allen Schritten, die eine Jeans von der Rohstoffgewinnung bis zum Verkauf zurücklegt, entstehen Unmengen an CO2-Emissionen. Eine einzelne Jeanshose setzt 11,5 Kilogramm CO2-Äquivalente frei. Schätzungen zufolge ist die Modebranche für 10 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Das sind mehr, als der gesamte Flug- und Schiffsverkehr zusammen verursachen. (Quellen: Europäisches Parlament – Umweltauswirkungen von Textilproduktion und -abfällen, Exit Fast Fashion – Fast Fashion heizt den Klimawandel an)

Puh, schon wieder so viele Informationen auf einmal, dass man gleich aussteigen möchte. Macht das Leben doch nur komplizierter! Also …

… was kann ich tun?

Die saubere Wohlfühl-Atmosphäre in unseren Einkaufsläden täuscht darüber hinweg, welche „Sauerei“ hinter den Produkten steht. Wie kann es sein, dass Produkte, die auf Kosten von Mensch und Natur hergestellt werden, in unseren Läden so leicht verfügbar sind? Und wieso liegt es an mir als Einzelperson, mich gegen dieses System der Ausbeutung zu stellen? Daran ist nichts richtig! Richtig ist es aber, es anders zu machen als das Gros der Gesellschaft, wenn man um die Hintergründe weiß. Auch, wenn es dadurch komplizierter wird und Shoppen-Gehen sicherlich keinen Spaß mehr macht. Darum:

  1. Kaufe weniger und dafür langlebige, faire und nachhaltige Kleidung.
  2. Achte beim Kauf von Kleidung auf Siegel, die Umwelt- und Sozialstandards garantieren, wie
    • Blauer Engel (Textilien)
    • EU Ecolabel (Textilien)
    • Fairtrade (Baumwolle)
    • Fair Wear Foundation (FWF)
    • Naturland (Textilien)
    • Naturtextil IVN zertifiziert BEST
    • OEKO-TEX Made in Green
    • GOTS
  3. Schätze Kleidung wert und trage sie länger.
  4. Kaufe Baumwolltextilien ausschließlich in Bio-Qualität.
  5. Meide synthetische Fasern und Mischgewebe.
  6. Kaufe Second Hand oder tausche Kleidung.
  7. Repariere oder lasse gebrauchte Kleidung reparieren; verwende alte Kleidung, um neues daraus herzustellen (Upcycling).
  8. Miste deinen Kleiderschrank mal wieder aus und gib die Kleidung, die du nicht (mehr) trägst, an Bedürftige weiter.

Definiere dich nicht über Markenklamotten, sondern positioniere dich bewusst gegen „Fast Fashion“ und schütze damit Mensch und Umwelt!

Mach mit!
Britta Gehle

Nachhaltige Kleidung aus und in der Region:

Kleidung aus Hanf aus Adelsdorf: HempAge
Nachhaltige Mode aus Herzogenaurach: Nachtfalter
Nachhaltige Mode aus Bad Windsheim: Saex Fashion
Fair Fashion Store in Nürnberg: Glore
Mode mit Respekt vor Mensch und Natur in Erlangen: Greenvolution
Naturkosmetik und ökologische Mode in Erlangen: Beauty & Nature
Fair produzierte Kleidung in Erlangen gibt es auch in der Kornblume
Mode aus recycelten Rohstoffen in Erlangen: tortuuga
Second-Hand-Läden in Erlangen

Weiterführende Informationen zum Thema:

ARTE: Giftige Jeans. Die dunkle Seite der türkischen Textilindustrie (Sendung v. 6.12.2021, 32 Min.): https://www.arte.tv/de/videos/100300-035-A/re-giftige-jeans/
Tagesschau: Chile – Fast-Fashion in der Atacama-Wüste (Podcast v. 26.11.2021, 3:45 Min.): https://www.tagesschau.de/multimedia/audio/audio-121233.html
Exit Fast Fashion: Das Projekt informiert über Fast Fashion und die Folgen für Mensch und Umwelt und hat Daten und Fakten sehr anschaulich aufbereitet: https://exit-fast-fashion.de/
Europäisches Parlament: Umweltauswirkungen von Textilproduktion und -abfällen, https://www.europarl.europa.eu/news/de/headlines/society/20201208STO93327/umweltauswirkungen-von-textilproduktion-und-abfallen-infografik
Greenpeace „Detoxreport 2021“: https://www.greenpeace.de/engagieren/nachhaltiger-leben/umweltfreundlich-textilindustrie
Portal „Siegelklarheit“: https://www.siegelklarheit.de/
Utopia:
Jeans ohne Ausbeutung und Gift: 5 empfehlenswerte Marken:
https://utopia.de/ratgeber/bio-jeans-empfehlenswerte-labels/
Öko-Test Jeans: H&M, Levi’s, Armedangels & Co. im Test: https://utopia.de/oeko-test-damen-jeans-149839/
Schadstoffe auf der Haut: Diese Siegel garantieren giftfreie Kleidung: https://utopia.de/ratgeber/siegel-kleidung-textilien-ohne-gift-textilratgeber-greenpeace/
Fair Fashion: Die wichtigsten Marken, die besten Shops für faire Mode: https://utopia.de/ratgeber/fair-fashion-marken-shops/