Ein starkes Votum zum Handeln, auch für Deutschland: die Biodiversitätskonferenz in Rom

Die Biodiversitätskonferenz im Februar in Rom hat in großer Einigkeit wegweisende Beschlüsse gefasst. Die künftige deutsche Regierung ist hochgradig gefordert, diese bei ihren Planungen und Maßnahmen zu berücksichtigen, genügend Geld bereitzustellen und einen gesetzlichen Rahmen gegen das Zerstören von Lebensräumen, für Naturschutz und Wiederherstellungsmaßnahmen, natürlichen Klimaschutz und Klimaanpassung zu schaffen. Tut sie das nicht, macht sich Deutschland mehr denn je mitschuldig an Artensterben und Naturkatastrophen.

Ein Blick zurück

2022 hatten sich in Montreal bei der Biodiversitäts-COP15 (COP steht für „Conference of the Parties“) 196 Länder (nicht dabei: die USA und der Vatikan; sie haben das 1992 in Rio verabschiedete Übereinkommen über die biologische Vielfalt bis heute nicht unterzeichnet) auf folgende wesentliche Beschlüsse geeinigt:

  1. Bis 2030 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresmasse unter Einbeziehung lokaler Gemeinschaften und indigener Bevölkerung schützen.
  2. Halbieren der verwendeten Pestizide bis 2030.
  3. Wiederherstellen von 30 Prozent der geschädigten Flächen.
  4. Reduzieren von umweltschädlichen Subventionen um jährlich 500 Mrd. US-Dollar.
  5. Unterstützung ärmerer durch reichere Staaten mit jährlich 20 Mrd. Dollar, ab 2030 mit 30 Milliarden.

Bei der COP16 in Cali (Kolumbien) im November 2024 gab es folgende wesentliche Beschlüsse:

  1. Schaffung eines Fonds für die Aufteilung von Gewinnen, die aus der Nutzung von Gendaten von Pflanzen und Tieren stammen.
  2. Fortschritte im weltweiten Meeresschutz.
  3. Eine stärkere Rolle und mehr Rechte für indigene Völker und lokale Gemeinschaften beim Naturschutz.

Wie diese Maßnahmen finanziert werden sollen, blieb offen.

Die römischen Beschlüsse

Im Februar 2025 fand in Rom die Fortsetzung der COP 16 statt. Dort ist es gelungen, eine globale „Roadmap“ für Finanzierung aufzustellen. Darin ist eine breite Palette von Instrumenten, Mechanismen und Institutionen definiert, die zur Mobilisierung der für die Umsetzung des Global Biodiversity Frameworks (GBF) erforderlichen Mittel genutzt werden könnten. Beteiligt sein sollen nationale und subnationale Regierungen, private und „philantropische“ Quellen, Entwicklungsbanken, Blended Finance und andere neuartige Ansätze. Klingt kompliziert, ist es wahrscheinlich auch.

Ziel ist der Schutz der Artenvielfalt und der Natur und das Stoppen und Umkehren des massiven, weltweiten Artensterbens bis 2030. Die beschlossenen Finanzmittel sollen 2030 mindestens 200 Milliarden Dollar jährlich umfassen, inklusive 20 Milliarden internationaler Finanzflüsse in 2025, die bis 2030 auf 30 Milliarden steigen sollen. Ergänzend gilt die Verpflichtung, permanente Absprachen über die finanziellen Mechanismen zu etablieren und gleichzeitig an der Verbesserung der bereits existierenden Finanzinstrumente zu arbeiten. Die Beschlüsse umfassen auch einen Fahrplan für die kommenden Konferenzen bis 2030.

Entsprechend der Vereinbarungen können alle Beteiligten Maßnahmen und Erfolge verfolgen sowie Daten für politische Entscheider auf nationaler Ebene zur Verfügung stellen, die bis aufs globale Niveau aggregiert werden können. Auch wurde festgelegt, wie NGOs und andere Gruppen in die Prozesse einbezogen werden: Jugend- und Frauenorganisationen, indigene Gruppen, lokale Vereinigungen, die Zivilgesellschaft, der private Sektor und Regionalregierungen. Ein wichtiges Ziel dabei ist es, das Bekenntnis der Beteiligten zu Verantwortung und zu Transparenz zu erhöhen.

Der vereinbarte Überwachungsmechanismus („Monitoring“) soll Informationen liefern, „ob die Länder ihren Worten auch Taten folgen lassen“. Er stellt den gemeinsamen Maßstab dar, um die Fortschritte im Hinblick auf die 2022 in Montreal beschlossenen 4 Ziele und 23 Unterziele zu messen (über diese Ziele haben wir im Februar 2023 berichtet).

Mit den Beschlüssen von Rom werden die Länder auch ermahnt, Förderungen für klimaschädliche Industrien zu beenden und umzuwidmen. Vereinbart wurde ebenso ein „internationaler Dialog“ zwischen den Finanz- und Umweltministern (wie er auch im Rahmen des UN-Klimaabkommens geschieht). Dieser soll sicherstellen, dass die Finanzierung der Biodiversität nicht auf die Umweltministerien beschränkt bleibt.

Außerdem wurde der Cali-Fonds gestartet. Er dient dazu, dass Unternehmen, die von digitalen Sequenzinformationen über genetische Ressourcen profitieren, einen Teil der Erlöse mit den Ursprungsländern der biologischen Vielfalt teilen, wobei die Hälfte des Fonds indigenen Völkern und lokalen Gemeinschaften zugewiesen wird. Zusagen für die Einzahlung in den Fonds sollen laut UN „sehr bald“ erfolgen. Plan ist, dass Unternehmen, die zwei von drei Kriterien erfüllen (Umsatz > 50 Millionen USD, Gewinn > 5 Millionen USD, Gesamtvermögen > 20 Millionen USD) 1 Prozent ihres Gewinns oder 0,1 Prozent ihres Umsatzes in den Fonds einzahlen.

Wer gaaanz viel Energie hat oder in der Schule oder der Uni oder sonstwo einen Vortrag darüber halten will, kann die 29 Beschlussdokumente hier herunterladen und lesen.

Was kommt als Nächstes?

Die COP 17 in Erewan 2026. Dann geht es darum, zu messen, wie gut die Länder im Vergleich zu ihren Zielen abschneiden.

Reaktionen

„In einer komplizierten geopolitischen Situation ist dies ein aufregendes Zeichen des Fortschritts und der internationalen Zusammenarbeit für die Natur. … So technokratisch sie auch klingen mögen, dies sind die Details, die die Ambitionen auf dem Papier in greifbare Naturschutzmaßnahmen vor Ort verwandeln werden.“ Linda Krueger, Direktorin für Biodiversität und Infrastrukturpolitik bei The Nature Conservancy

„Die Entscheidungen von Rom zeigen, dass die Weltgemeinschaft sich weiter den großen ökologischen Krisen stellen will. Und das auch ohne die USA, die bei der Bekämpfung der Artenkrise nicht mitverhandelt haben und sich vom Pariser Klimaabkommen verabschiedet haben. Das gibt Hoffnung!” Jannes Stoppel, Greenpeace Deutschland. Rom sende eine klare Botschaft nach Berlin: „Die neue Bundesregierung muss international Verantwortung übernehmen und mehr Geld in den internationalen Klima- und Naturschutz stecken. Und nicht nur das: Auch in Deutschland muss Schluss sein mit dem Zerstören von Natur und Lebensräumen! Wir brauchen einen neuen gesetzlichen Rahmen, der Naturschutz und Wiederherstellungsmaßnahmen, natürlichen Klimaschutz und Klimaanpassung zusammen zum Schutz aller Menschen garantiert.”

Quellen: Pro Earth, COP16, WWF, Deutsche Welle, Greenpeace, Scientists for Future, Climate Change News