Sturm aufs Kapitol – ein Angriff auf die Demokratie. Kann so etwas auch in der BRD passieren?

Ein Kommentar von Mohamed Abu El-Qomsan

Der Sturm auf das Kapitol war die Folge der Verharmlosung und Duldung einer über viele Jahre ultrakonservativen Entwicklung in der US-republikanischen Partei, in der christlich-konservative und neokonservative Strömungen sehr großen Einfluss erlangten. In den letzten Jahren gewann auch die erzkonservative Tea-Party-Bewegung mehr Einfluss innerhalb der Partei. Das Zuschauen und die Verharmlosung der rechten Kräfte in der Partei führte zur Wahl des Populisten Donald Trump, der während seiner Amtszeit einen rechten Kurs mit aggressiver Politik gegen Migrant*innen und Muslim*innen anstrebte, und rechte gewaltbereite Gruppierungen wie die rassistischen Proud Boys befeuerte. Diese Zuspitzung führte zu der starken Spaltung der US-Gesellschaft und zu einer gefährlichen Bedrohung für die US-Demokratie.

Ein nicht zu unterschätzender politischer Faktor in diesem Zusammenhang ist auch die Unterstützung der Diktaturen im Nahen Osten durch die USA. Präsident Trump pflegte beste Beziehungen zu den grausamen Regimen in Nahost und gab ihnen einen Blankoscheck, um politische Gegner*innen, Menschenrechtler*innen und Freiheitskämpfer*innen zu vernichten. Aber auch Kanzlerin Angela Merkel und Präsident Emmanuel Macron schwiegen über die Brutalität der Diktaturen, gegen Aufträge in Milliardenhöhe. Die Bilder des Sturms aufs Kapitol erinnern mich stark an die Bilder des Sturms auf den ägyptischen Präsidentenpalast im Juli 2013, der zu der Verhaftung des ersten demokratisch gewählten Präsidenten Mohammed Mursi und dem Militärputsch führte.

Rechte Gewalt und Terror – wie 1993 der Mordanschlag von Solingen mit 5 Toten, die NSU-Mordserie mit 10 Opfern, in 2018 mehr als 100 Angriffe auf Moscheegemeinden in Deutschland, die Hetzjagden auf Menschen mit Migrationsgeschichte im Laufe rechter Demonstrationen nach dem Mord an einem Deutschen am Rande des Chemnitzer Stadtfestes, der Anschlag in Halle mit zwei Toten, der rassistische Terroranschlag von Hanau mit 11 Toten und vieles mehr – wurden bis vor kurzem als Einzelfälle betrachtet. So wird die rechte Gefahr unterschätzt und verharmlost, bis zu dem Punkt, dass deutsche rechtsradikale Netzwerke versuchen, Waffen zu kaufen und einzulagern, um bewaffnete Milizen aufzubauen. Auch stauten sich zuletzt Meldungen über rechtsextreme Strukturen in der Bundeswehr, in der Polizei und im Verfassungsschutz, wo keiner die Ausmaße dieser Strukturen wirklich einschätzen kann.

Die Rechtsextremist*innen in der Welt sind gut vernetzt. Sie haben ihre Chatrooms und bevorzugten Sozialmedien. Sie sind Fans von krassen Verschwörungstheorien, verachten den politischen Gegner, haben kein Vertrauen in staatliche Organe und Gerichte. Sie können nach jeder Wahl den Vorwurf der Fälschung erheben – ohne Rücksicht auf die zuverlässige Wahlaufsicht durch Behörden oder Gerichtsentscheide, was uns zu jeder Zeit in eine ähnliche Situation wie zuletzt in den USA bringen kann.

Fazit: Es ist nicht dauerhaft auszuschließen, dass die Gefahr eines Militärputsches oder eines Bürgerkriegs in Deutschland droht, wenn nicht schnell und entschlossen gegen Rechtsextremisten im ganzen Land und in allen Behörden und Ämtern vorgegangen und nicht genug für die Festigung der Demokratie im Land getan wird!

Und hier sind wir alle gefragt und wir können etwas tun. Rassismus – die Kategorisierung, Abwertung und Ablehnung anderer Menschen aufgrund bestimmter äußerlicher Merkmale – ist eine, wenn nicht die wesentliche Grundlage für die Spaltung und den Hass in unserer Gesellschaft. Die Einteilung in „wir“ und „die“ hatte und hat viel zu oft (tödliche) Gewalt und Leid zur Folge. Wir Menschen sind unterschiedlich, aber Glaube oder Hautfarbe sind nur Unterschiede unter vielen. Die Wertung dieser Eigenschaften müssen wir brechen, weil sie Menschen zu den „Anderen“ macht, auch wenn sie womöglich mehr mit einem gemeinsam haben als manche Person aus der eigenen Verwandtschaft. Wenn wir Augen und Ohren offen halten, können wir nicht übersehen und überhören, wie oft Menschen aufgrund ihrer Abstammung oder ihres Glaubens diskriminiert werden. Dann heißt es, dies nicht zu ignorieren, weil man gerade „kein Fass aufmachen möchte“ und es zum Beispiel die Stimmung stören könnte. Denn wenn diskriminierende Äußerungen unwidersprochen bleiben, wird dies meist als Zustimmung verstanden. Und die Diskriminierungen und Rassismen können weitere Kreise ziehen. Deswegen: Gebt Kontra, macht deutlich, dass ihr ein anderes Menschenbild vertretet!

Rechtsextremismus, Rassismus und Diskriminierung sind wichtige Punkte auf der Agenda unserer Partei. Der Parteirat hat dazu den „Aktionsplan gegen Rassismus“ beschlossen.

Und wie können wir uns mit dem eigenen, unbewussten Rassismus auseinandersetzen? Zum Beispiel mit einem anerkannten Test der Harvard-Universität https://www.vorsicht-vorurteile.de/kampagne/selbsttest … oder über das Buch „Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten“ von Alice Hasters.