Wahlprogramme im Vergleich: Teil 1

Wie bei den letzten Wahlen wollen wir für die anstehende Bundestagswahl relevante Wahlprogramme vergleichen, diesmal CDU, SPD und Grüne. Da der Zeitraum bis zur Wahl extrem kurz ist und sich zumindest die Programme von SPD und Grünen noch im Entwurfsstadium befinden, bedienen wir uns dafür auch dritter Quellen. Das CDU-Wahlprogramm ist final, aber die CSU wird im Januar ein eigenes Programm als Ergänzung zum CDU-Programm liefern, quasi die Chilischoten auf einer eh schon kaum verdaulichen Pizza.

Heute bekommt ihr den ersten Teil auf die Teller, der Rest folgt im Januar.

Grundlegender Ansatz

  • Wir Grünen setzen auf eine seriöse Finanzierung aller staatlichen Maßnahmen und der Maßnahmen der Länder. Die Schuldenbremse soll reformiert werden; außerdem soll Kapital über einen durch Anleger finanzierten Deutschlandfonds staatliche Investitionen ermöglichen. Die nicht durch Steuererhöhungen abgedeckten Mehrausgaben, die durch Schuldenbremse oder den Fond gegenfinanziert werden müssen, belaufen sich nach Schätzungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) 48 Milliarden Euro im Jahr.
  • Die Union will beim Bürgergeld kürzen und bei den Ausgaben für Migranten sparen. Außerdem spekuliert sie darauf, dass aus großzügigen Steuererleichterungen ein solcher Wachstumsschub resultiert, dass daraus am Ende höhere Steuereinnahmen erwirtschaftet werden. Nach Schätzungen des IW kosten die Maßnahmen der Union 89 Milliarden Euro im Jahr. Eine Gegenfinanzierung ist nicht vorgesehen. Die CDU spekuliert darauf, dass aus den Steuererleichterungen ein gigantischer Wachstumsschub resultiert, der dermaßen höhere Steuereinnahmen erbringt. Das hält das IW nicht für seriös.
  • Die SPD hat einen ähnlichen Ansatz wie wir Grünen. Ein anfangs mit 100 Milliarden ausgestatteter Deutschlandfonds soll staatliches und privates Kapital mobilisieren. Damit müssten die nicht durch Steuererhöhungen abgedeckten Maßnahmen von (laut IW) 30 Milliarden Euro im Jahr finanziert werden.
  • Die FDP und Die AfD planen übrigens noch unverantwortlicher als die CDU, mit 138 bzw. 149 Milliarden Euro nicht gedeckten Mehrausgaben im Jahr.

Schuldenbremse

  • Wir wollen die Schuldenbremse so reformieren, dass die Gesamtverschuldung dauerhaft tragfähig bleibt. Das raten auch die führenden Wirtschaftsinstitute wie der IWF, die Bundesbank oder der Sachverständigenrat der Bundesregierung.
  • Die Union will die Schuldenbremse beibehalten. Warum, wissen nur Union, AfD und FDP. Viele Landespolitiker der Union sehen das anders.
  • Die SPD will die Schuldenbremse so reformieren, dass sie keine Investitionen in Zukunftsfähigkeit behindert und produktive Ausgaben und Vollbeschäftigung möglich macht.

Steuerpolitik

  • Die in den Programmen beschriebenen Forderungen sind zum Teil nach dem am 19.12. beschlossenen Steuerfortentwicklungsgesetz nicht mehr aktuell. Unstrittig ist jdeoch, dass der Grundfreibetrag immer wieder angepasst werden muss.
  • Wir Grüne wollen eine fairere Erbschaftssteuer, eine nationale Vermögenssteuer und eine wirksame Immobiliensteuer. Der Arbeitnehmerpauschbetrag soll von 1230 auf 1500 Euro steigen; das spart auch Bürokratie.
  • Die Union will den Einkommenssteuertarif senken. Der Spitzensteuersatz soll erst ab höheren zu versteuernden Einkommen greifen. Den Soli will die Union ersatzlos streichen. Bei Vollzeit sollen Überstundenzuschläge steuerfrei bleiben. (Ist ungerecht gegenüber nicht vollzeitbeschäftigten Alleinerziehenden und wieder mehr Bürokratie – die die Union angeblich abbauen will.)
  • Die SPD will 95 Prozent der Steuerzahler entlasten. Details dazu nennt sie noch nicht. Die  Mehrwertsteuer für Lebensmittel will sie von 7 auf 5 Prozent reduzieren. (Schätzungen besagen, das bringt 60 Euro pro Person und Jahr.)
  • Grüne und SPD unterstützen die EInführung einer globalen Milliardärssteuer, mehr dazu könnt ihr bei Deutschlandfunk lesen.

Unternehmensbesteuerung

SPD und Grüne wollen die Investitionen der Unternehmen fördern, Union und FDP pauschal die Unternehmenssteuer senken. Wir Grünen wollen mehr Gewicht auf klimarelevante Investionen legen als die SPD.

Mindestlohn

  • Wir Grüne wollen 15 Euro.
  • Die CDU bekräftigt die Zuständigkeit der Mindestlohnkommission. Und behauptet in ihrem Programm ganz frech, die Union hätte den Mindestlohn 2014 eingeführt.
  • Die SPD will ebenfalls 15 Euro.

Bürgergeld

  • Will die CDU abschaffen und durch eine „Neue Grundsicherung“ ersetzen. Merz hat gesagt, er wolle dabei von 50 Milliarden 10 Milliarden einsparen. Allerdings kostet das Bürgergeld derzeit nur knapp 40 Milliarden. Wir vermuten, dass ihm das inzwischen jemand gesagt hat.

Rente

  • Hier haben alle Parteien ein großes Problem, da sich niemand fundamental an das Thema rantraut. Alle Ideen sind Flickschusterei. Niemand will es sich mit den Rentner*innen verderben. Und auch nicht mit denen, die die Beiträge leisten.
  • Wir Grünen möchten die Rente mit einem Bürgerfonds absichern. Perspektivisch sollen auch Beamt*innen in die Rentenversicherung einzahlen.
  • Die CDU will sie über Wirtschaftswachstum sichern.
  • Die SPD will die Rente über den Staatshaushalt sichern.

Migration

  • Wir Grüne wollen eine „faire, verbindliche und solidarische Verteilung von Schutzsuchenden in Europa“ erreichen.
  • Die Union will einen faktischen Aufnahmestopp für Migranten. Wer aus einem EU- oder Schengenstaat einreist, soll an der Grenze abgewiesen werden.
  • Die SPD will „rasche wie konsequente Abschiebungen“, favorisiert jedoch die freiwillige Rückkehr für Migrant*innen ohne Bleiberecht.

Ukraine

  • Die Haltungen sind bekannt. Grüne und Union wollen eine stärkere Unterstützung der Ukraine, die SPD bleibt bei ihrer Strategie der Vorsicht. Was natürlich der Amtsantritt Trumps bewirken wird, ist offen – außer, dass wir bei einem für die Ukraine besonders ungünstigen Ausgang eine neue Flüchtlingswelle zu erwarten hätten.
  • Auch wenn die Union das nicht direkt sagt: Für die Unterbringung der Ukrainer wäre nach ihrer Migrationsstrategie vor allem Polen zuständig.

Frieden und Freiheit

  • Wir Grüne wollen den freiwilligen Wehrdienst und die Reserve für eine breite Zielgruppe attraktiver machen und durch gute Lebens- und Arbeitsbedingungen für Soldat*innen Personal langfristig binden.
  • Die Union will eine „aufwachsende Wehrpflicht“ einführen.
  • Die SPD will keine Wehrpflicht, aber einen „neuen, flexiblen Wehrdienst“, der sich am Bedarf der Bundeswehr orientiert. Der „neue Wehrdienst dient zentral dem Aufbau einer durchhaltefähigen Reserve“.
  • Alle drei Parteien stehen zum 2-Prozent-Ziel.

Teil 2 zu den Wahlprogrammen folgt im Januar-Newsletter.