Für die Sitzung am 26.05.2020 stand die Verabschiedung der neuen Geschäftsordnung auf der Tagesordnung. Wir hatten in den letzten Wochen intensiv an Änderungsvorschlägen für die Geschäftsordnung gefeilt und das Gespräch dazu mit einzelnen Mitgliedern der anderen Fraktionen gesucht und geführt. In vielen Kommunen ist es üblich, dass sich dann eine Gruppe von jeweils einer Person aus den Fraktionen gemeinsam mit dem Bürgermeister und der Leitung der Verwaltung zusammensetzt (das wäre auch in Zeiten von Corona unter Einhaltung der Hygienevorschriften möglich gewesen und fand in anderen Kommunen auch statt), die Vorschläge diskutiert und Kompromissmöglichkeiten auslotet.
Dieser Wunsch wurde gegenüber dem Bürgermeister kommuniziert (in der letzten Legislaturperiode fanden Vorberatungen in dieser Form statt) und Norbert Stumpf hatte auch seine Bereitschaft dazu signalisiert. Aber dann war davon plötzlich keine Rede mehr. Stattdessen wurden unsere Änderungsvorschläge vom Bürgermeister und der Verwaltung eigenmächtig als formeller Antrag in der GR-Sitzung zur Abstimmung vorgelegt. Da wir selbst gar keinen Antrag gestellt hatten, sondern Ideen für eine Vorberatung zusammengetragen hatten, stellten wir zu Beginn der Sitzung den Antrag, die Abstimmung über die Geschäftsordnung zu vertagen, mit der Bitte sich doch noch die Zeit für einen offenen Austausch zu nehmen. Dieser Antrag wurde von CSU/SPD und FW unisono abgelehnt und unser Antrag, den wir nie so gestellt hatten, wurde behandelt.
Es lag außerdem bereits ein fertiger Entwurf für die neue Geschäftsordnung von Seiten der Verwaltung vor: Einige Vorschläge von uns fanden sich darin sogar (meist in leicht geänderter Form) wieder, das hat uns gefreut: die Niederschrift der vorangegangenen Sitzung wird nun unverzüglich den Gemeinderatsmitgliedern zugänglich gemacht, der Energie- und Umweltausschuss heißt nun zusätzlich auch noch Klimaausschuss (allerdings haben sie unsere Vorschläge zur Erweiterung seiner Aufgaben abgelehnt), die Geschäftsordnung ist nun gegendert und der Bürgermeister muss eine Liste über die laufenden Projekte führen, aus der der Bearbeitungsstatus ersichtlich wird (diese ist allerdings nichtöffentlich).
Die weiteren Ideen, die noch nicht in die neue Geschäftsordnung eingearbeitet worden waren, wurden von den drei anderen Fraktionen dann regelmäßig abgelehnt und zwar:
- das grundsätzliche Recht auf Akteneinsicht für Gemeinderatsmitglieder (angedacht war nach Terminvereinbarung, z.B. auch Sammeltermine, um die Verwaltung nicht zu überfordern)
- die Festschreibung der Priorität des Klimaschutzes bei allen Maßnahmen
- verlängerte Ladungsfristen zur besseren Vorbereitung der Tagesordnungspunkte
- das Recht für jede Fraktion, der Niederschrift eine kurze Begründungen für das eigene Abstimmungsverhalten beizufügen, um sich gegenüber den Bürger*innen erklären zu können
- die Idee, neue größere Themen zunächst in einer ersten Lesung zu behandeln, ohne dass es bereits eine Beschlussvorlage gibt: bei einer vorliegenden Beschlussvorlage haben sich die Fraktionen meist auf ein Abstimmungsverhalten festgelegt, dies verhindert meist einen offenen Austausch
Was uns aber am meisten deutlich gemacht hat, dass auf unsere konstruktive Mitarbeit kein Wert gelegt wird:
In der letzten Legislaturperiode bestand noch Konsens, dass jede Fraktion als Vertretung des Bürgermeisters präsent ist. Neben Johannes Karl als zweitem Bürgermeister wurden Annemarie Paulus und Bärbel Rhades per Beschluss als weitere Stellvertreterinnen (ohne pauschale Aufwandsentschädigung) bestimmt (in dieser Reihenfolge, da wir Grüne damals die kleinste Fraktion stellten). Dieses Mal hatten wir, als zweitstärkste Fraktion, unseren Anspruch auf den dritten Platz angemeldet und dies auch in unsere Änderungsvorschläge zur Geschäftsordnung geschrieben. Als der betreffende Paragraph an der Reihe war, schlug die CSU-Fraktion Hans-Jürgen Leyh und Wolfgang Meyer von den Freien Wählern vor. Die Kandidatin der Grünen-Fraktion, Lea Beifuß, wurde von allen anderen Fraktionen wieder einstimmig abgelehnt. Dies ist Demokratie und von uns zu akzeptieren. Aber es spricht dennoch für sich.
Nebenbei sei noch bemerkt, dass die Grüne Fraktion in ihren Änderungsvorschlägen auch die Mindestanzahl von Gemeinderatsmitgliedern für eine Fraktionsstärke berücksichtigt hatte. Diese lag bisher bei 3 Personen. Die Freien Wähler stellen in dieser Legislaturperiode allerdings nur 2 Gemeinderatsmitglieder und wären somit weder in der Sitzung der Fraktionssprecher*innen noch in den Ausschüssen vertreten gewesen. Sicherlich wäre auch ohne unseren Vorschlag die Zahl von 3 auf 2 reduziert worden. Aber es sollte von unserer Seite aus ein Zeichen des fairen Umgangs miteinander sein. Und es sollte zeigen, dass wir den Willen der Wähler*innen respektieren und wir der Meinung sind, dass sich dieser auch in der Gemeinderatsarbeit durch eine repräsentative Vertretung in allen Bereichen widerspiegeln soll. Was uns betrifft sehen das die anderen Fraktionen CSU, SPD und FW offensichtlich anders.