Wir wissen, dass der Klimawandel die landwirtschaftlichen Erträge weltweit verändern wird. Ein Produkt, für das es dazu schon genauere Prognosen gibt, ist Kaffee. Das verwundert nicht, denn Kaffee ist ein enormer Wirtschaftsfaktor: Laut Statista beträgt der weltweite Umsatz 2021 im Kaffeesegment 336 Milliarden Euro.
Im Durchschnitt trinkt jeder Deutsche im Jahr 166 Liter Kaffee. Fast die Hälfte des weltweit produzierten Kaffees stammt aus Brasilien (ca. 30% des weltweiten Anbaus) und Vietnam (ca. 15%), der Rest teilt sich auf etliche Länder auf: Kolumbien, Indonesien, Äthiopien, Honduras, Indien, Peru, Guatemala, Uganda, Mexiko, …
Etwa die Hälfte der Ernte macht die Sorte Arabica aus. Arabica-Kaffee ist weniger sauer und schmeckt in der Regel besser als der günstigere, ebenso verbreitete Robusta-Kaffee. Doch Arabica ist wählerisch: Die Bohnen mögen 18 bis 22 °C, eine Höhe von gut 1.000 Metern und genau die richtige Regenmenge. Doch da kommt der Klimawandel ins Spiel: Die Bedingungen verändern sich drastisch. So gibt es zum Beispiel in Zentralamerika deutlich häufiger Dürren, Hitze, Starkregen und Hurrikans. Experten gehen davon aus, dass bis 2050 die für den Kaffeeanbau geeigneten Flächen weltweit um etwa 50 Prozent schrumpfen werden. Und 60 Prozent der wildwachsenden Kaffeearten sind vom Aussterben bedroht – auch Arabica.
In Äthiopien, wo besonders gute Kaffeesorten angebaut werden, rechnet man bis 2100 mit einem Rückgang der geeigneten Fläche für die hochwertige Sorte Yirgacheffe um 40 Prozent. Dort könnte die Fläche für minderwertigeren Kaffee zunehmen. Das klingt positiv, ist aber ein Drama für die Kleinbauern. Denn mit Spezialitätenkaffee verdienen sie mehr Geld, und ein Drittel der Agrarexporterlöse des Landes stammen vom Kaffee.
Eine Lösung: Die Züchtung klimaresistenter Sorten. Dabei hilft vielleicht eine alte, lange kaum beachtete Sorte, die Coffea Stenophylla. Sie schmeckt ähnlich wie Arabica, vielleicht lassen sich die beiden Sorten auch kreuzen. Außerdem versuchen Bauern weltweit, ihre Kaffeepflanzen in höheren Lagen anzubauen. Aber so einfach ist das nicht, denn es bedeutet erstens Migration für die Bauern, zweitens braucht nachhaltiger Kaffeeanbau Zeit. Plantagen sind bis zu 50 Jahre produktiv. Die wirtschaftliche Nutzung angepasster Kaffeesorten hat eine lange Vorlaufzeit. So dauert es einige Jahre, bis neu gepflanzte Bäume genauso viel Ertrag liefern wie alte Bäume. Und während alte Kaffeepflanzen mehr Sonne vertragen, mögen junge Kaffeesträucher „lichten Schatten“. Dafür braucht es Bäume, die an die 20 Jahre wachsen müssen, um optimal Schatten spenden zu können.
Derzeit geht man davon aus, dass die Kaffeequalität in den nächsten Jahren nachlässt und die Kaffeepreise insbesondere für hochwertige Bohnen steigen werden. Wie stark, lässt sich kaum schätzen, auch da der Kaffeemarkt extrem abhängig von Spekulation ist.
Vom weltweiten Kaffeekonsum leben Produzenten aller Art, Bauern, Importeure, Röstereien, Coffeeshops, faire Betriebe und Ausbeuter. Wann immer möglich, sollten wir Fairtrade-Produkte wählen oder Biokaffee, am besten von kleinen Erzeugern. Damit unterstützen wir nachhaltigen Kaffeeanbau. Und das wollen wir doch alle, oder?
Gerhard Seitfudem
Für diesen Beitrag wurden etliche Quellen verwendet, darunter:
https://de.statista.com/outlook/cmo/heissgetraenke/kaffee/weltweit
https://www.atlasbig.com/de-de/weltweit-kaffee-bohnen-produktion
https://www.deutschlandfunkkultur.de/klimawandel-in-suedamerika-warum-kaffee-teurer-wird.1008.de.html?dram:article_id=500866
https://www.welt.de/wirtschaft/article233133747/Lieblingsgetraenk-der-Deutschen-Jetzt-droht-der-Kaffee-Preis-Schock.html
https://www.fairtrade-deutschland.de/was-ist-fairtrade/arbeitsschwerpunkte/klimawandel-und-umweltschutz
https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/klimawandel-coffea-stenophylla-ist-robuster-und-genauso-lecker-wie-arabica
https://www.klimareporter.de/gesellschaft/dem-besten-kaffee-bekommt-der-klimawandel-nicht