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Kein Scherz! Wir sind „Flächenbewusste Kommune“

Im Rahmen eines Festakts in München wurde Bubenreuth als „Flächenbewusste Kommune“ ausgezeichnet. Beworben hat sich die Gemeinde unter anderem mit dem 2015 gestarteten Ortsentwicklungsprozess „Bubenreuth 4.0 mit einem integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzept ISEK“, der Erfassung von Baulücken und Leerständen, Kauf und Sanierung einer ortsbildprägenden Hofstelle im Ortskern (die jetzt „H7“ heißt) sowie der Ausweisung von flächensparendem Geschosswohnungsbau im Innenbereich (Posteläcker), angelehnt an die „Stadt der kurzen Wege“.

Dieser Entwicklung gingen vor vielen Jahren zwei Bürgerentscheide voraus gegen weitere Flächenausweisungen (Wohnen und Gewerbe) am Ortsrand, ohne die sich unsere Gemeinde sicher anders entwickelt hätte. Hier zeigt sich, dass es sich gelohnt hat, sich einzumischen, und es auch dadurch in der Folge langfristig mit den Planungen in eine andere Richtung ging. Heute wird das Resultat dieser Entwicklung von der Bayerischen Staatsregierung belohnt.

Leider harmoniert die Stellplatzsatzung in Bubenreuth nicht mit der Auszeichnung. Da ist das Flächenbewusstsein nach unserer Meinung deutlich ausbaufähig.

Austausch über das Bauvorhaben Posteläcker im Sportheim am 25.07.2022

Der Einladung der Grünen Fraktion sind mehr als 30 Bubenreuther Bürger*innen gefolgt. Der Abend zeigte, dass hier dringender Austauschbedarf besteht und die Gemeinde nicht einfach das Projekt „Posteläcker“ mit einem Minimum an Bürgerinformation vorantreiben darf. Sie muss sich mit den Fragen, Anregungen und der Kritik der Bürger*innen auf Augenhöhe auseinandersetzen, und da ist erstmal Zuhören angesagt. Mangelnde Transparenz war einer der Hauptkritikpunkte vonseiten der Bürgerschaft.

Wir Grüne haben zuerst unsere Sichtweise und unsere Fragen zu der Planung „Posteläcker“ vorgestellt und im Anschluss allen Anwesenden der Reihe nach die Möglichkeit gegeben, ihre/seine Wahrnehmung wiederzugeben und Fragen zu stellen. Wir wollten bewusst keine Diskussion und möglichst auch keinen Schlagabtausch der Argumente beginnen, sondern zunächst alle zu Wort kommen lassen.

Wir hätten auf viele Fragen auch keine Antworten gehabt, da z.B. eine umfangreiche Wohnraumbedarfsanalyse, die uns versprochen wurde, seitens des Bürgermeisters nicht mehr für nötig erachtet wird und die Folgekostenabschätzung noch immer nicht vorliegt. Das ist in unseren Augen mehr als fahrlässig.

Bei den geplanten Stellplätzen lagen unsere und die Meinung der Besucher*innen (besonders der direkten Anwohner*innen des Gebiets) weit auseinander. Zu wenige von ihnen können sich ein autofreies oder zumindest autoreduziertes Quartier vorstellen. Die Angst, dass die eigene Straße mit Autos aus dem neuen Quartier zugeparkt wird und man selbst dort dann keinen Parkplatz mehr findet, ist (noch?) größer als der Glaube an eine mögliche – von vielen zugegeben als notwendig erachtete – Reduzierung des Verkehrs durch kommunale Weichenstellung (Flexibilisierung der Stellplatzsatzung). Hier fehlt es an Best-Practice-Beispielen aus anderen Städten und Gemeinden, die hier schon viel mutiger handeln und positive Erfahrungen gemacht haben (z.B. Vauban in Freiburg). Wenn wir Vergleiche mit anderen Städten bringen, wird uns vonseiten des Bürgermeisters oft gesagt, man könne die Gegebenheiten nicht mit Bubenreuth vergleichen. Wir fragen uns oft, warum eigentlich nicht – und hier ganz besonders, denn das hier geplante Quartier hat ja durchaus städtischen Charakter und es böte sich aufgrund seiner Gegebenheiten (Nahversorger im Quartier) und seiner Lage (Nähe zum ÖPNV und Nähe zu Erlangen) ideal für ein autofreies oder zumindest autoreduziertes Gebiet an, das diesen Namen auch verdient.

Am Ende der Veranstaltung riefen wir die Anwesenden auf, ihre Fragen im Rahmen der 1. öffentlichen Auslegung bis zum 12.08.2022 auch an Bürgermeister, Gemeinderatsmitglieder und Verwaltung zu schicken. Diese würden dann nach Themen gebündelt und in einer der nächsten Sitzungen diskutiert und abgewogen. Hier sollten die Bubenreuther Bürger*innen gerne dazu kommen und die öffentliche Diskussion verfolgen.

Stellplätze contra Wohnungen

In der letzten Bauausschusssitzung am 17.5.2022 hat es sich wieder bestätigt:

Mit althergebrachten Satzungen wie unserer ’neuen‘ Stellplatzsatzung, schaffen wir keine Mobilitätswende.  In der Damaschkestrasse ist eine Umnutzung von Gewerbeflächen in möglichst viele Wohnungen geplant. Dies scheitert jedoch an der Anzahl der vorzuweisenden Stellplätze. Dadurch sind nur 6 Wohneinheiten (zwischen 120 – 140 m²) möglich, da höchstens 12 Stellplätze auf dem Grundstück  darstellbar sind. Mit kleineren Wohnungen wären durchaus mehr Wohneinheiten möglich und sinnvoll gewesen.

Aber diese Option fand keine Mehrheit, da „die Autos ja da sind und irgendwohin müssen. Wir können ja niemandem vorschreiben, wieviele Autos er besitzt“. Große Angst besteht ausserdem, dass Autos, für die es auf dem Grundstück keinen Stellplatz gibt, auf der Strasse parken und hier Radfahrer gefährden könnten.

Über die gesamte Länge der Damaschkestrasse herrscht Enge und Radfahrer und Autos müssen schon immer rücksichtsvoll nebeneinander koexistieren.

Dass es durchaus auch wohnungssuchende Menschen gibt, die mit weniger oder gar keinem Auto auskommen (und dafür vielleicht auch weniger Miete zahlen müssen), ist für viele nicht vorstellbar. Und dass wir angesichts der Klimakrise keine Zeit haben, zu warten, bis die Pkw-Anzahl freiwillig reduziert wird, auch nicht. So wird jede Veränderung blockiert und mit dem Finger auf die Bundesregierung gezeigt. Aber selbst die ist mittlerweile schon weiter, wie das kurze Interview mit der SPD-Bundesbauministerin Klara Geywitz zeigt. „Wenn man schon nachverdichtet, kann man nicht noch zusätzliche Stellplätze schaffen.“

Aber wann diese Erkenntnis im Bubenreuther Gemeinderat ankommt, steht in den Sternen.

In Bubenreuth endet die Idee der Klimaneutralität am Stellplatz

Wieder einmal wurde die Chance verpasst, zeitgemäße und zukunftsgerichtete Weichen zu stellen, indem man eine Stellplatzsatzung formuliert hätte, die wirklich Einfluss nimmt auf eine nachhaltige Mobilität mit weniger Individualverkehr. Einzig und alleine positiv zu bewerten ist die Pflicht, ab 3 Wohneinheiten auch 2 Fahrradabstellplätze vorzuweisen. Aber auch hier hätten wir uns gewünscht, dass entsprechend der Anzahl der Wohnräume Fahrradabstellplätze vorgesehen werden müssen, da in der Regel fast jedes Haushaltsmitglied heutzutage mindestens 1 Fahrrad besitzt.

In der Bauausschusssitzung am 15.3.2022 wurde in kleiner Runde mit Vertretern aller Fraktionen sehr kontrovers über eine unserer Meinung nach dringend notwendige Verkehrswende über eine Reduzierung der bei Bauvorhaben geforderten Stellplätze diskutiert. In unseren Augen sind die weiterhin geforderten 2 Stellplätze pro Wohneinheit > 80 qm, Einfamilien-/Reihenhaus oder Doppelhaushälfte nicht zielführend, wenn wir in den nächsten 10 Jahren die Autoanzahl halbieren müssen, um das 1,5°-Ziel zu erreichen. Gleichzeitig belastet jeder zusätzliche Quadratmeter versiegelter Fläche die Umwelt.

Das Beispiel der Nachverdichtung in der Hans-Paulus-Strasse zeigt, zu welchem Ortsbild der Flächenverbrauch durch Parkplätze führt und dass dann kein Platz mehr für Grün, Spielen und Leben bleibt.

Eine aktuelle Studie der Stiftung „Lebendige Stadt“  hat die Einflussfaktoren ermittelt, die zu einem reduzierten Stellplatzschlüssel beitragen: es sind eine hohe Quartiersdichte, geringe Haushaltsgröße sowie kurze Wege zu ÖPNV, Nahversorgung und anderweitigen Angeboten des täglichen Bedarfs. Die meisten dieser Bedingungen liegen in vielen Wohnbereichen von Bubenreuth vor und hätten unserer Meinung nach in der neuen Stellplatzsatzung berücksichtigt werden müssen.

Am Beispiel eines Wohnquartiers in Freiburg (Vauban 1992, > 5000 EW) konnte ich in der Bauausschusssitzung aufzeigen, dass ein reduzierter Stellplatzschlüssel zu weniger Pkw pro Einwohner führte und nur ein Drittel vom Landesdurchschnitt in Baden-Württemberg beträgt (157 statt 524 Pkws/1000 EW!). Teilgebiete des Viertels wurden sogar ganz von der Stellplatzpflicht befreit. Die mehr als 500 autofreien Haushalte profitierten von geringeren Baukosten (bis zu -25.000 €) und einer höheren Lebensqualität im Quartier durch weniger Verkehr. Diese autofreien Zonen haben sich mittlerweile zu den attraktivsten Wohngebieten in Vauban entwickelt.

Leider orientierten sich die anderen Fraktionen nur an dem Status quo, d.h. der aktuellen Anzahl von Pkws in Bubenreuth, die in den letzten Jahren eher zu- als abnahm. Wie das Beispiel Vauban zeigt, werden wir aber eine Mobilitätswende nicht dadurch erreichen, indem wir den vorhandenen Autos immer ihren Platz zur Verfügung stellen, anstatt Menschen anzuziehen, die sich durchaus ein Leben ohne oder mit weniger Autos vorstellen können. Die gute Anbindung von Bubenreuth an Bus und S-Bahn sowie die Fahrradnähe zu Erlangen hätten die Voraussetzungen für mutigere Schritte geboten.

Da unsere Argumente im Bauausschuss nicht gefruchtet hatten, hätten wir dieses wichtige zukunftgestaltende Thema „Stellplatzsatzung“ gerne im Gemeinderat mit allen GR-Mitgliedern diskutiert, am besten noch mit Verkehrsexperten wie Prof. Kipke. Eine mögliche Diskussion war jedoch nicht gewollt und wurde vom Bürgermeister am Anfang der GR-Sitzung am 22.2.2022 sofort im Keim erstickt. So wundert es nicht, dass die Abstimmung entsprechend der Mehrheiten 12 : 4 ausfiel und damit die notwendige Transformation auch im Verkehrsbereich weiterhin verhindert wird.

Ele Dirsch

Unsere Stellungnahme zum Haushalt 2022

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Stumpf, liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

es fällt uns sehr schwer, uns zu diesem Haushalt zu positionieren. Wir begrüßen einige darin enthaltene Vorhaben durchaus, aber bei anderen uns wichtigen Positionen sind die Weichen noch nicht gestellt und wir haben keine Sicherheit, dass und wie sie umgesetzt werden. Die Auftragsvergabe zur Untersuchung der Radverkehrsmobilität an Thiemo Graf und das Institut für innovative Städte sehen wir als wichtigen Schritt zu einer Verbesserung der Radmobilität in Bubenreuth. Wir begrüßen auch, wenn eine neue Stelle im Bauhof geschaffen wird, die sich verstärkt um Baumpflege kümmern wird, wenn es sich dabei auch um Baumpflege handelt, die den Namen verdient. Wir hoffen darauf, dass das Nahwärmenetz beschleunigt vorangetrieben wird. Und wir hoffen darauf, dass ein Ausbau des Förderprogramms zum Klimaschutz dazu führt, dass sich deutlich mehr Bürger*innen entschließen, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Unser Ziel ist hier, die Bubenreuther*innen mitzunehmen und mehr Bewusstsein für die Klimakrise zu schaffen. Wir sehen es als positiv an, dass die Gesamtsumme für 2022 deutlich erhöht werden soll, jedoch nützt jede noch so hohe Summe natürlich nichts, wenn sie nicht abgerufen wird. 2021 wurde das Programm wenig in Anspruch genommen und wichtige Positionen wie die Förderung von PV-Anlagen fehlten. Wir sind noch immer überzeugt, dass die Einzelmaßnahmen im Programm höher gefördert werden müssen, um echte Anreize zur Ergreifung von klimaschützenden Maßnahmen zu bieten. Es geht, wie schon öfters gesagt, nicht darum, dieses Programm über viele Jahre laufen zu lassen. Unser Ansatz ist, dass die Förderung über drei Jahre läuft und die Förderquote jedes Jahr sinkt. So wird schnelles Handeln belohnt und genau das brauchen wir, denn die nächsten Jahre sind entscheidend. Eine Evaluation des Programms mit einer eventuellen Anpassung der Förderquoten wurde zugesagt und steht an. Ob sich im Gemeinderat jedoch eine Mehrheit findet, die Maßnahmen so zu fördern, dass die eingestellten Mittel von den Bürger*innen mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ausgeschöpft werden, bezweifeln wir. Ein Parkhaus hingegen, das die Gemeinde einen hohen Millionenbetrag kosten wird und dessen Errichtung einen enormen CO2-Ausstoß hat, wurde nie so in Frage gestellt, wie das Förderprogramm zum Klimaschutz mit der bisherigen Summe von 100.000 Euro.

Obwohl 2019 per Gemeinderatsbeschluss festgelegt wurde, dass bei jeder Maßnahme der Klimaschutz Priorität haben muss, spüren wir diese Priorität noch immer nicht. Ja wir haben bereits einiges auf den Weg gebracht in Bubenreuth. Aber: Wenn man die Pariser Klimaziele erreichen will, dann bleibt uns seit dem 1.1.2022 nur noch ein Pro-Kopf-CO2-Budget von 29,5 Tonnen. Bubenreuth hat einen Pro-Kopf-Ausstoß von circa 6 Tonnen. Das bedeutet, in nicht mal 5 Jahren haben wir unser Budget aufgebraucht. Wir müssen dringend unseren Ausstoß reduzieren. Wir erkennen nicht, dass dieser Dringlichkeit Rechnung getragen wird, wir vermissen so oft den Willen, etwas zu wagen im Einsatz für den Klimaschutz. Sei es die Absage zum Wattbewerb, sei es die neue Stellplatzsatzung, die viel zu wenig dafür tut, eine andere Mobilität voranzubringen, seien es die Ablehnungen der Anträge zu einer Baumschutzverordnung oder einer Freiflächengestaltungssatzung. Wir sind überzeugt, dass es auf alle Anstrengungen zugleich ankommt – beim Klimaschutz und auch beim Artenschutz. Wir würden uns einen moderierten Austausch im Gemeinderat nur zum Klimaschutz wünschen, in dem alle Gemeinderatsmitglieder ihre Ideen einbringen und diskutieren, was unsere Kommune tun kann.

Wir sehen im Haushaltsentwurf 2022 begrüßungswerte Ansätze, aber wir sind insgesamt nicht überzeugt. Diese Ambivalenz macht es uns nicht möglich, dem Haushalt geschlossen zuzustimmen.

Die Fraktion