Am 1. April 2025 hat der Deutsche Wetterdienst bei seiner jährlichen Bundespressekonferenz eine neue Methode zur Berechnung des Temperaturanstiegs in Deutschland vorgestellt. Sie liefert dafür statt wie bisher eine Ausgleichgerade eine Kurve. Damit lässt sich realistischer einschätzen, was wirklich passiert. Das erste Ergebnis ist drastisch: Ging man mit der alten Methode, unter Herausrechnen von jährlichen Schwankungen, von einem Temperaturanstieg von 1,9 Grad seit 1881 (vorindustrielles Niveau) bis 2024 aus, ergeben sich nun 2,5 Grad. Daraus resultiert ein erheblich größerer Handlungsdruck für alle. Auch für die neue Bundesregierung, die Klimafakten bisher boshaft ignoriert.
Nach etlichen Jahren hat sich – endlich – die Erkenntnis durchgesetzt, dass der jährliche Temperaturanstieg mit den bisherigen, mit linearen Ausgleichsgeraden arbeitenden Modellen nicht beschreibbar ist. Sie führen zu Fehlinterpretationen und falschen Schlüssen.
Rechenmodelle zum Beschreiben des Temperaturanstiegs sind nötig, um (u.a. „regionale“, also z.B. nur für Deutschland geltende) jährliche Temperaturschwankungen aus Langfristberechnungen zu eliminieren. Optimal ist eine Trendanalyse, wenn sie sowohl kurz-, als auch längerfristige Effekte weder über-, noch unterbewertet. Mit einem solchen Modell, der „Loess-Methode“, ergibt sich nun statt einer Geraden eine seit einigen Jahren ziemlich steile Kurve. Der Schritt hin zur neuen Methode ist für die Gesellschaft wesentlich: Genauere Zahlen drängen uns zu entschiedeneren Maßnahmen.
Also: Bereits jetzt 2,5 Grad Temperaturanstieg in Deutschland. Zum Vergleich: Weltweit sind es 1,6 Grad. Es läuft hier nicht gut für unser Land; von Dürreperioden und Überschwemmungen reden wir hier gar nicht erst. Europa ist der Kontinent mit der intensivsten Erhitzung.
Die Loess-Methode führt uns die Dramatik des Klimawandels deutlicher vor Augen als bisher. Es gilt aber auch: Wenn wir es irgendwann schaffen, eine Wende einzuleiten, also den Temperaturanstieg zu bremsen oder gar umzukehren, werden wir es mit der Loess-Methode schnell bemerken. Mit der alten Ausgleichsgerade würden wir einen solchen Effekt für einige Jahre verschlafen.
Man kann sich fragen, warum man nicht schon längst auf ein neues Verfahren umgestellt hat. Wahrscheinlich sind es vor allem zwei Dinge: Die Notwendigkeit, sich international auf einheitliche Verfahren zu einigen, mit denen sich Daten über Landesgrenzen hinaus vergleichen lassen. Und zweitens die Angst, die Beharrungsmenschen und -politiker würden den Klimaexperten Panikmache vorwerfen. Das ist eine Art von Angst, die Wissenschaftler*innen schleunigst ablegen müssen. Sie alle müssen hinreichend Erkenntnisdruck erzeugen, damit in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik die Bereitschaft zum Handeln entsteht. In einem Gespräch Gespräch von Gert Scobel mit Özden Terli, Antje Boetius und Maren Urner wird deutlich, wie verzweifelt Wissenschaftler*innen sind, weil Politik und Gesellschaft sie nicht hören.
Mit 10,9 °C Jahresmitteltemperatur gab es 2024 einen neuen Allzeitrekord für Deutschland. Aus klimatologischer Sicht ist vor allem erschreckend, dass damit der alte Höchstwert aus 2023 gleich um 0,3 °C übertroffen wurde. 2024 war überdurchschnittlich nass. Diese Nachricht ist aber schon wieder überholt, die Trockenheit zum Jahresbeginn 2025 war dramatisch. Dieses „On/off“ ist typisch für die Klimakatatrophe; nichts ist mehr normal.
Zum Schluss noch eine gute Nachricht aus der Pressekonferenz des DWD: „Es gibt keine Hinweise, dass die Stromerzeugung aus Photovoltaik- und Windkraft durch mehr Dunkelflauten riskanter geworden ist.“
Wir empfehlen zu diesem Thema auch den Beitrag aus dem Newsletter vom Dezember 2023: „Warum steigt die Temperatur in Deutschland deutlich stärker als im globalen Durchschnitt?“
Quellen: DWD, DIE ZEIT, 3.4.2025, Tagesschau, agrarheute, EN, 16.4.25