Kommunale Klimarisikoanalyse. Auch ein Thema für Bubenreuth

Fast täglich lesen und hören wir derzeit von neuen Hitzerekorden in Deutschland, über ausbleibenden Regen und Wassermangel. Wenn es aber mal regnet, dann mitunter gleich besonders heftig. Das schreit geradezu nach einem Plan – nicht nur bundesweit, sondern insbesondere auf kommunaler Ebene, weil die Auswirkungen der Klimakrise regional sehr unterschiedlich ausfallen und dort entsprechende Anpassungsmaßnahmen umgesetzt werden müssen. Dabei hilft die im Juni dieses Jahres veröffentlichte  Broschüre zu „Klimarisikoanalysen auf kommunaler Ebene – Handlungsempfehlungen zur Umsetzung der ISO 14091“ des Umweltbundesamts. Die darin enthaltenen Handlungsempfehlungen basieren auf einem internationalen Standard zur Anpassung an den ⁠Klimawandel⁠ und ergänzen ihn um spezifische Empfehlungen für die Umsetzung in Kommunen.

Trotz Wolken: Wieder bleibt der Regen aus.

In der Broschüre sind auch Handlungsfelder mit zugrundeliegenden Klimawirkungen aufgeführt, die deutlich machen, wie vielfältig die Auswirkungen der Krise für Kommunen sein können und in welchen Zeiträumen Anpassungsmaßnahmen wirken. Denn wir müssen schnell handeln, um einigermaßen mit den Klimawirkungen zurechtzukommen, die in Zukunft noch deutlicher zutage treten werden als heute. Nicht alle Handlungsfelder und Klimawirkungen sind für Bubenreuth und seine Umgebung relevant, deshalb sind sie im Folgenden nicht vollständig aufgelistet, vielleicht müssten auch weitere Handlungsfelder ergänzt werden. Die dazu genannten „Anpassungsdauern“ beschreiben die jeweilige Zeitdauer, die voraussichtlich erforderlich ist, bis umfassende Maßnahmen zur Reduzierung des jeweiligen Klimarisikos wirksam werden, inklusive Planung und Umsetzung. Sie basieren auf einer bundesweiten Einschätzung, auf kommunaler Ebene muss die Einschätzung der Anpassungsdauer individuell erfolgen.

Biologische Vielfalt
Veränderung der Länge der Vegetationsperiode und Phänologie (die im Jahresablauf periodisch wiederkehrenden Wachstums- und Entwicklungserscheinungen der Pflanzen): Hier ist keine Reaktion möglich.
Ausbreitung invasiver Arten (10 bis 50 Jahre)
Verlust an genetischer Vielfalt (10 bis 50 Jahre)
Verschiebung von Arealen und Rückgang der Bestände (10 bis 50 Jahre)
Schäden an wassergebundenen Habitaten und Feuchtgebieten (10 bis 50 Jahre)
Schäden an Wäldern (mehr als 50 Jahre)
Ökosystemleistungen (10 bis 50 Jahre)

Boden
Bodenerosion durch Wasser (10 bis 50 Jahre)
Bodenerosion durch Wind (10 bis 50 Jahre)

Wald- und Forstwirtschaft
Hitze- und Trockenstress (mehr als 50 Jahre)
Stress durch Schädlinge/Krankheiten (mehr als 50 Jahre)
Waldbrandrisiko (mehr als 50 Jahre)
Nutzfunktion: Holzertrag (10 bis 50 Jahre)

Wasserhaushalt, Wasserwirtschaft
Niedrigwasser (10 bis 50 Jahre)
Hochwasser (10 bis 50 Jahre)
Belastung oder Versagen von Hochwasserschutzsystemen (10 bis 50 Jahre)
Sturzfluten (Versagen von Entwässerungseinrichtungen und Überflutungsschutzsystemen) (10 bis 50 Jahre)
Biologische Wasserqualität (10 bis 50 Jahre)
Grundwasserstand und Grundwasserqualität (10 bis 50 Jahre)
Mangel an Bewässerungswasser (10 bis 50 Jahre)

Bauwesen
Schäden an Gebäuden aufgrund von Starkregen (10 bis 50 Jahre)
Schäden an Gebäuden aufgrund von Flusshochwasser (10 bis 50 Jahre)
Vegetation in Siedlungen (mehr als 50 Jahre)
Stadtklima/Wärmeinseln (10 bis 50 Jahre)
Innenraumklima (10 bis 50 Jahre)

Industrie und Gewerbe
Leistungseinbußen von Beschäftigten (bis zu 10 Jahre)

Tourismuswirtschaft
Wirtschaftliche Chancen und Risiken für die Tourismuswirtschaft (bis zu 10 Jahre)

Menschliche Gesundheit
Hitzebelastung (10 bis 50 Jahre)
Allergische Reaktionen durch Aeroallergene pflanzlicher Herkunft (10 bis 50 Jahre)
UV-bedingte Gesundheitsschädigungen (insb. Hautkrebs) (10 bis 50 Jahre)
Atembeschwerden (aufgrund von Luftverunreinigungen) (bis zu 10 Jahre)
Auswirkungen auf das Gesundheitssystem (bis zu 10 Jahre)

Mittels Klimarisikoanalysen können Kommunen die für sie relevanten Auswirkungen des Klimawandels identifizieren und priorisieren. Auf dieser lokalspezifischen Grundlage lassen sich geeignete Maßnahmen zur Klimaanpassung festlegen und umsetzen, um widerstandsfähiger gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels zu werden. Wichtig ist dabei die langfristige Perspektive (mehr als 10, 20, 30 Jahre!), weil erstens klimatische Risiken innerhalb dieses Zeitraums eventuell noch nicht „erkennbar“ sind und zweitens viele Maßnahmen erst nach langer Zeit wirken und mit erheblichen Investitionen verbunden sind. Bei der Diskussion solcher Maßnahmen werden auch Konflikte auftreten, die dazu führen, dass sich Prioritäten verschieben und unbequeme Veränderungen angestoßen werden. Das ist wichtig, denn es geht darum, klimaresiliente Kommunen zu schaffen, in denen nicht nur wir, sondern auch künftige Generationen gerne und gut leben können. Womit wir bei den Posteläckern sind und der unbedingten Notwendigkeit, diese für die Zeit nach 2030, 2040 bereits jetzt als weitgehend autofreie Zone zu konzipieren, damit unsere Kinder und Enkel sich später zum Beispiel nicht über eine großteils nutzlose Tiefgaragenbetonruine unter ihrer Wohnanlage ärgern müssen.

Übrigens: Das Klimaanpassungskonzept der Stadt Erlangen stammt aus dem Jahr 2020, das schon vom Namen her veraltete „Integrierte Klimaschutzkonzept“ des Landkreises ERH aus dem Jahr 2012 (!). Auch wenn der Landkreis 2020 ein Elektromobilitätskonzept nachgelegt hat, ist er also nicht mehr auf dem neuesten Stand.

Gerhard Seitfudem