Was wurde erreicht? November 2022: Die 27. Weltklimakonferenz in Sharm El Sheik (COP 27)

Auch Ra, der Sonnengott, konnte in Ägypten wenig bewegen

Klar ist: Wir müssen den Klimakarren schnell aus dem Sumpf ziehen. Die internationale Zugmaschine dafür sind die Weltklimakonferenzen. Doch deren an sich schon träger Motor stottert, auch beim Einsatz im letzten November. Hier kommt eine kurze Zusammenfassung; die Farben zeigen euch die guten Ergebnisse an (grün), die gut gemeinten („Burnt Orange“), die schlechten oder nicht erzielten (rot) sowie Kommentare (blau).

Die Ergebnisse der COP 27 in Ägypten sind in der sogenannten „Cover Decision“ (Mantelentscheidung) in Form eines „Implementierungsplans“ zusammengefasst. Zum ersten Mal wird im Rahmen der Ergebnisse einer solchen Konferenz auf die Problembereiche Kipppunkte, Nahrung, naturbasierte Lösungen und die Notwendigkeit einer Reform des Finanzsystems hingewiesen. Ambitionen für eine Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf 1,5 °C werden nicht vorangetrieben.

80 Teilnehmer, darunter Indien, USA, EU, Kanada, Australien, Inselstaaten und Länder Lateinamerikas, hatten den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen gefordert. Aufgrund des massiven Widerstands von Saudi-Arabien und Russland wurde dieser Punkt von der ägyptischen Präsidentschaft nicht aufgegriffen. Auch die Idee, den Scheitelpunkt der Treibhausgasemissionen vor 2025 zu erreichen, wurde nicht formuliert. Damit ist die Begrenzung des mittleren globalen Temperaturanstiegs auf 1,5°C kaum noch erreichbar.

Wie bei der COP 26 in Glasgow 2021 werden alle Länder erneut zu ambitionierteren Klimaschutzplänen aufgerufen. Verabschiedet wurde ein „Prozess“ für das in Glasgow ins Leben gerufene Arbeitsprogramm zur dringenden Minderung von Treibhausgasen vor 2030. Dieses vorerst bis 2026 laufende Programm wird sich mit Treibhausgasemissionen in einzelnen Sektoren befassen, als Grundlage für jährlich stattfindende ministerielle Beratungen. Neue Ziele und die besondere Betrachtung großer Emittenten wird es noch nicht geben. Vor allem China möchte weiterhin als Entwicklungsland – mit entsprechend weniger Pflichten – wahrgenommen werden.

Ein echter Erfolg und ein erster Schritt zur Unterstützung vulnerabler Staaten ist die Auflage eines Fonds zur Kompensation von Schäden und Verlusten, doch bis dieser wirksam werden kann, wird es Jahre dauern – auch wenn damit ab 2024 teilweise die Risiken der Erderwärmung und ihre Folgen wie Fluten, Dürren oder andere Extremereignisse kompensiert werden sollen. Bis zur COP 28 in diesem Jahr ist zu klären, bis wann und für welche Länder Geld zur Verfügung stehen soll und durch wen. Insgesamt sollen die Finanzmittel im Vergleich zum Plan von Glasgow verdoppelt werden.

Internationale Entwicklungsinstitute wie die Weltbank sollen ihre Finanzierungspolitiken in Richtung Nachhaltigkeit ausrichten.

Parallel zur eigentlichen Konferenz und bei anderen Gipfeltreffen des Jahres gab es weitere Gespräche und Ergebnisse. Dabei ist der im Rahmen der deutschen G7-Ratspräsidentschaft gemeinsam mit den verletzlichsten 20 Staaten auf der COP ins Leben gerufene globale Schutzschirm gegen Klimarisiken zu erwähnen. Dieser soll schnelle Ergebnisse bewirken. Oder das Treffen zwischen Joe Biden und Xi Jinping auf der G20-Konferenz in Indonesien, die die Klimagespräche zwischen den beiden Ländern wiederaufnehmen wollen. Ebenso die während der COP 27 veröffentlichte G20-Deklaration mit der Bekräftigung, den Temperaturanstieg auf 1,5 °C zu begrenzen.

Die COP 27 zeigte damit auch, wie wichtig Initiativen sind, die ergänzend zum UN-Klimaforum stattfinden. Zum Beispiel der Inflation Reduction Act der USA, der die Dekarbonisierung des Landes vorantreiben wird. Oder die von der EU und der Afrikanischen Union angekündigte Initiative, die Klimaresilienz in Afrika zu erhöhen. Außerdem neue Ideen wie die einer vom ehemaligen indischen Finanzminister Jayant Sinha vorgestellten globalen Klima-Allianz, die Klimaambition mit Finanz- und Technologietransfer verbindet.

Extrem negativ ist zu vermerken, dass die Konferenz auch eine Plattform für Unternehmen bot, um zum Beispiel ein fragwürdiges Potenzial von ⁠CO2⁠-Abscheidung und -Speicherung und Geoengineering vorzugaukeln. Laut NGOs wurden während der Konferenz 21 Gasgeschäfte abgeschlossen.

Im Juni 2023 wird es in Bonn eine Zwischenkonferenz geben, Ende des Jahres findet in Dubai die COP 28 statt. Dort wird wohl ein wichtiges Thema sein, wie die nationalen Klimaschutzbeiträge aller beteiligten Staaten verstärkt werden können.

Fazit: Wenig Konkretes. Erweitertes Bewusstsein. Die Erkenntnis, dass besonders betroffene Staaten finanzielle Unterstützung brauchen. Dreckbär-Staaten als Bremser. Industrielobby am Ort. In Summe ein verlorenes Jahr. Und die COP 27 liefert leider ein fettes Argument zur Unterstützung der Klimabremser in Deutschland: „Warum sollen wir uns engagieren, wenn China, Saudi-Arabien oder Russland bremsen?“

Robert Habeck: „Eine schwierige Klimakonferenz ist zu Ende gegangen, mit einem Ergebnis, das uns nicht wirklich zufrieden machen kann. … Durch die konsequente Haltung der EU und die umsichtige deutsche Verhandlungsführung ist aber ein Rückfall hinter Paris und Glasgow verhindert worden.“

Luisa Neubauer: „Die Entscheidung spielt die heutigen Opfer der Klimakrise gegen die morgigen Opfer der Klimakrise aus.“ Es sei zynisch, Ländern einerseits bei Schäden und Verlusten zu helfen „und auf der anderen Seite hier gemeinsam etwas zu entscheiden, was so unendlich viel mehr Schäden und Verluste verursachen wird.“.

Martin Kaiser (Greenpeace Deutschland) kritisierte, dass der Klimaschäden-Fonds nur „ein kleines Pflaster auf einer riesigen klaffenden Wunde“ sei.

Gerhard Seitfudem