Die Regierungsprogramme für Bayern im Vergleich

Alle Parteien haben ihre Programme zur Landtagswahl formuliert. Außer der AfD, die hat – zumindest bisher – offensichtlich keines. Die einen nennen es Regierungs-, die anderen Wahl-, die Linke Oppositionsprogramm. Entscheidend ist aber der Inhalt. Und da ist der Unterschied gewaltig. Fangen wir beim Umfang an: Die derzeit vorliegende Beschlussversion des Wahlprogramms der CSU (→ Link) umfasst kaum mehr als 9.000 Wörter, das Programm der Freien Wähler (→ Link) knapp 10.000 Wörter. Das SPD-Programm (→ Link) bietet etwa 21.000, das der Linken (→ Link) 35.000, das Grüne Programm (→ Link) etwa 36.000 Wörter. Mit 52.000 Wörtern ist das Programm der FDP (→ Link) ein Ausreißer nach oben.

Damit wird schon einmal klar: CSU und FW haben wenig Plan für die Zukunft. Auffällig ist, dass sich die Programme in der Machart deutlich unterscheiden.

Das CSU-Programm bietet erwartungsgemäß wenig Substanz; Kompetenz für Regierungsarbeit zeigt es nicht. Trotzdem ist es uns in diesem Newsletter einen extra Beitrag wert (Link), denn es ist zumindest originell.

Das Grüne Programm startet mit dem, was auf Dauer am wichtigsten für uns und unsere Kinder ist. Klimaschutz, Energiewende, Umwelt. Es besticht durch eine klare Gliederung und erfasst wahrscheinlich alle für Bayern relevanten Themen. Auffällig ist, dass hier tatsächlich Landesthemen im Vordergrund stehen. So sollte es eigentlich bei allen Parteien sein. Außerdem startet es mit den Themen, die am weitesten in die Zukunft reichen; sie haben die höchste Dringlichkeit, denn wenn wir hier nicht schnell handeln, werden viele der anderen politischen Baustellen mit der Zeit immer dramatischer. Zudem hat genau bei Klima die Landesregierung besonders viele Gestaltungsmöglichkeiten. Sie muss sie nur nutzen.

Bei der FDP stehen Selbstbestimmung und eigene Leistung stark im Vordergrund. Klimaschutz ist weniger wichtig. Das sieht man schon daran, dass das für Klimapolitik extrem wichtige Thema „Moore vernässen“ fehlt (das hat sogar die CSU mit dem Wort „renaturieren“ irgendwie auf dem Schirm, nimmt es aber bisher bekanntlich nicht besonders ernst). Straßenbau ist ein wichtiges Thema, Tempo 100 wird ausgeschlossen. Und natürlich ist es „technologieoffen“, wie man an einem wunderbaren Satz erkennen kann: „Für das Erreichte erhalten die Antragstellenden geldwerte Ökopunkte, über die sie frei verfügen können.“

Bei den Freien Wählern fehlen ebenfalls die Moore. Formuliert ist es nach dem Motto: Wir machen es allen recht.“ Es ist ein staatlich zu finanzierender Gießkannenkatalog. Sogar eine pauschale Senkung der Einkommenssteuer (also wohl auch für höhere Einkommen) steht im Programm. Niemand außer Straftätern oder Migranten soll eingeschränkt werden, weder durch Erbschafts- oder andere Steuern, Tempolimit oder das Rütteln an alten Bräuchen oder sprachlichen Gewohnheiten. Engagierter Klimaschutz? Fehlanzeige!

Die SPD beginnt mit dem Komplex von Wirtschaft und Arbeit, Soziales, Bildung/Forschung/Wissenschaft, Gesundheit & Pflege und Bauen und Wohnen. Es folgen Klima und Verkehr. Es ist zwar nur ein handwerklicher Fehler, aber obwohl es das Kapitel „Digitales“ gibt, ist es das einzige der vier ausführlichen Programme, bei dem man nicht per Anklicken vom Inhaltsverzeichnis zum jeweiligen Kapitel springen kann.

Erwartungsgemäß startet das Programm der Linken mit Wirtschaft, Arbeit, sozialer Sicherheit, Wohnungsbau und Bodenpolitik. Weniger erwartungsgemäß: „Wir wollen Landesbeteiligungen bei BMW, Audi und Siemens erwerben.“ Ist halt doch ein wenig realitätsfern.

Hier noch zum Abschluss die Inhaltsübersicht des Grünen Programms:

  1. Grün wählen und Bayerns Lebensgrundlagen erhalten
    1.1 Konsequent unser Klima schützen
    1.2 Die Energiewende zum Erfolg für alle machen
    1.3 Gesunde Umwelt und intakte Natur
    1.4 Mobilität für alle: klimafreundlich, sicher und bequem in Bayern unterwegs
    1.5 Vielfältige Landwirtschaft, gesunde Ernährung, Tierschutz und Verbraucherschutz
  2. Grün wählen und zukunftsfähig wirtschaften
    2.1 Wohlstand sichern mit einer nachhaltigen Haushalts- und Finanzpolitik
    2.2 Stabile Wirtschaft der Zukunft
    2.3 Update Bavaria – Grüne Ideen für den digitalen Wandel
    2.4 Hochschule, Wissenschaft und Forschung der Zukunft
    2.5 Den Tourismus der Zukunft fördern
    2.6 Besser bauen – nachhaltig, erschwinglich, innovativ
  3. Grün wählen und Bayern zusammenhalten
    3.1 Gute Kindheit und Jugend
    3.2 Kita und Schule der Zukunft
    3.3 Arbeit und berufliche Bildung
    3.4 Erfüllt leben bis ins hohe Alter
    3.5 Barrieren abbauen und mitten hinein ins Leben!
    3.6 Hochwertige Pflege und Gesundheitsversorgung für alle Menschen in Bayern
    3.7 Bayern entlasten – gut leben und bezahlbar wohnen
  4. Grün wählen und Bayern leben
    4.1 Gut leben auf dem Land
    4.2 Bayerns starke Kommunen und eine moderne und leistungsfähige Landesverwaltung
    4.3 Starkes Europa – starkes Bayern
    4.4 Frauen gestalten Bayern – für eine moderne Geschlechterpolitik
    4.5 Vielfältige Gesellschaft
    4.6 Lebendiges Bayern stärken – Ehrenamt, Medien, Kultur und Sport
    4.7 Frei und sicher im demokratischen Bayern leben

Gerhard Seitfudem
Inhaltlicher Stand: 9.7.23